„Migräne kommt, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann“

Bei mehr als 250.000 AOK PLUS-Versicherten wurde im vergangenen Jahr Migräne oder ein anderer Dauerkopfschmerz diagnostiziert. Woher kommen diese Schmerzen?
Es gibt vieles, das wir noch nicht über die Entstehung von Kopfschmerzen wissen. Bekannt ist aber, dass Migränepatienten eine genetische Veranlagung dafür haben. Allerdings bricht die Migräne nur bei knapp der Hälfte aller Menschen, die diese Veranlagung haben, tatsächlich aus. Die anderen haben vermutlich Glück. Wir wissen auch, dass Frauen häufiger betroffen sind als Männer, und dass Faktoren wie z.B. Übergewicht und Bewegungsmangel gibt, die die Erkrankung begünstigen.
Wie wirken sich chronische Kopfschmerzen auf den Alltag aus?
Migräneattacken bekommt man leider oft dann, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Die meisten Attacken haben die Betroffen im Alter zwischen 25 und 45 Jahren – also in einer Zeit, in der sie ohnehin beruflich und privat am meisten gefordert sind. Häufige Kopfschmerzen können zu beruflichen und privaten Einschränkungen führen.
Betroffene nehmen sich aus Angst vor der nächsten Kopfschmerzattacke nichts mehr vor, und wenn sie ihren Freunden viermal abgesagt haben, fragen die vielleicht auch nicht mehr nach, ob man etwas gemeinsam unternehmen möchte. Deshalb kann auf häufige Migräne der soziale Rückzug oder gar eine Depression folgen.
Mehr als 1500 Versicherte der AOK PLUS wurden bereits im Kopfschmerzzentrum in Jena behandelt. Wie funktioniert die Therapie?
Abhängig von der Schwere der Erkrankung bieten wir drei verschiedene Therapien an: ambulant, teilstationär oder vollstationär. Die Patienten werden gemeinsam von Neurologen, Physiotherapeuten, Psychologen, Schmerz- und Entspannungstherapeuten betreut. Diese Behandlung ist deutlich effektiver als eine reine Medikamententherapie.
Migräne ist nicht heilbar. Man kann aber die Zahl der Attacken und die Schmerzintensität senken. Das gelingt am besten durch eine Kombination verschiedener Therapieverfahren. Neben einer medikamentösen Therapie sind das psychologische Therapieverfahren, regelmäßige Entspannungsübungen und regelmäßiger Sport. Das bringen wir unseren Patienten bei. 80 Prozent von ihnen können wir ambulant behandeln.
Wer an mehr als zehn Tagen pro Monat Kopfschmerzen hat, kann an einer fünftägigen teilstationären Therapie teilnehmen. Selten haben wir dagegen Patienten, die zu einer Entzugsbehandlung bei einer Schmerzmittelabhängigkeit vollstationär aufnehmen müssen.
Wie entsteht diese Abhängigkeit?
Bei Patienten mit Migräne oder Spannungskopfschmerzen, die zu häufig Schmerzmittel einnehmen, kommt es zu einer weiteren Verschlechterung der Kopfschmerzen. Die Grenze liegt bei zehn Tagen pro Monat, an denen man Schmerzmittel einnehmen sollte. Liegt man darüber, nimmt die Häufigkeit der Kopfschmerzen zu und es kann sich ein Dauerkopfschmerz entwickeln.
Die Betroffenen besorgen sich in der Apotheke über eine lange Zeit freiverkäufliche Schmerzmittel, nehmen sie mitunter sogar vorbeugend vor wichtigen Termin, weil sie funktionieren müssen. Hier ist dann ein Schmerzmittelentzug erforderlich, damit die Kopfschmerzen wieder weniger werden.
von Dr. med. Peter StorchWas viele nicht wissen: Migräne wird durch zu häufige Einnahme von Schmerzmitteln schlimmer, nicht besser.
Wenn die Betroffenen ihre Beschwerden beim Hausarzt ansprechen, kann er sie auf unser Therapieangebot aufmerksam machen, oder die Krankenkassen informieren ihre Versicherten über unser Therapieangebot.
So können sich Patienten anmelden
Teilnehmen können Versicherte der AOK PLUS, deren Lebensqualität durch Migräne oder andere Dauerkopfschmerzen eingeschränkt ist, die deshalb in der Schule oder am Arbeitsplatz fehlen und deren bisherige Behandlung keine optimale Linderung zeigte.
Die Behandlung ist kostenfrei, es fallen nur die üblichen Zuzahlungen an. Erwachsene können sich an das Kopfschmerzzentrum Jena wenden, für Kinder ist die Kinder-Kopfschmerzambulanz zuständig. Dort werden Termine vergeben und die Teilnahmevoraussetzungen abgeklärt.
Weitere Informationen zum Behandlungspaket „Kopfschmerztherapie PLUS“ erhalten die Versicherten in jedem Beratungscenter der AOK PLUS sowie am Service-Telefon unter 0800 1059000 (kostenfrei).