Weg vom Schreibtisch, hin zu den Menschen

Eine von ihnen ist Viviane. Sie ist Auszubildende bei der AOK PLUS im zweiten Ausbildungsjahr und hat für eine Woche ihren Arbeitsplatz gewechselt. In der Behindertenwerkstatt in Wilkau-Haßlau war die 19-Jährige fünf Tage lang ganz selbstverständlich ein Teil der Belegschaft. Als wir sie besuchen, verpackt sie gerade mit einer Mitarbeiterin Schrauben. Eine Auftragsarbeit für einen Kunden. Ihre anfänglichen Berührungsängste sind bei ihr schnell verflogen. „Es sind alle offen auf mich zugegangen. Ich konnte gleich am ersten Tag mit anpacken“, beschreibt Viviane ihre ersten Eindrücke.
Hier wird Integration gelebt
Die Behindertenwerkstätten bieten Ausbildungs-, Arbeits- und Betreuungsplätze für Menschen mit Behinderungen an. Manche schaffen es nach der Ausbildung sogar in den ersten Arbeitsmarkt. Hier wird Integration und Teilhabe gefördert und gelebt. Neben der Kerzenwerkstatt in Wilkau-Haßlau bietet der Verein Lebenshilfe Westsachsen e.V. u.a. auch Metallbearbeitung, Transportservice, Wäscheservice und Montagearbeiten an.
Nachdem sie die Schrauben verpackt hat, lässt sich Viviane an einem anderen Arbeitsplatz die Kerzenproduktion zeigen. Geschickt fädelt die Mitarbeiterin den Docht in die Kerzenform, später wird das Ganze noch mit Wachs aufgefüllt. Nach wenigen Anläufen darf auch Viviane mit ein paar Handgriffen unterstützen.
Über den Tellerrand schauen
Für die angehenden Sozialversicherungsfachangestellten (Sofas) ist das Praktikum zum Ende des zweiten Ausbildungsjahres fester Bestandteil der Ausbildung. Seit einigen Jahren gehen bereits die Kauffrauen und –männer im Gesundheitswesen für zwei Wochen in eine Pflegeeinrichtung. „Ich finde gut, dass wir das machen dürfen. Dass wir rauskommen und andere Eindrücke sammeln können. Eigentlich schade, dass das Praktikum nicht noch länger geht“, sagt die AOK-Auszubildende.
Ganz gleich ob vorlesen, miteinander spielen, das Essen vorbereiten oder Hilfe beim Anziehen geben – der Blick über den Tellerrand jenseits des Schreibtisches erweitert das eigene Sichtfeld. So sieht es auch Lars Schramm, Werkstattleiter in Wilkau-Haßlau: „So erlebt Viviane behinderte Menschen in ihrem Alltag und kann das vielleicht gut für ihre Arbeit bei der AOK nutzen.“
Ziel dieser Stippvisite ist es, das soziale Fingerspitzengefühl zu steigern, Berührungsängste abzubauen, sowie mehr Sicherheit und Sensibilität im Umgang mit hilfsbedürftigen Menschen zu erlangen. Die Aktion wird auch im nächsten Jahr fortgeführt.